Erläuterungen zur BU-Dynamik – Erhöhung des Beitrags und der Leistung in der Berufsunfähigkeitsversicherung

27.09.2013 Thomas Schösser

Unter Dynamik versteht man grob gesagt die regelmäßige Steigerung (meistens einmal pro Jahr) des Beitrags und der vertraglichen Leistungen. Hier wird also eine Möglichkeit geschaffen, die BU-Rente auch noch nach Vertragsabschluss zu erhöhen. Die allermeisten am Markt zur Verfügung stehenden BU-Dynamiken (nicht alle) sehen für die Erhöhung der versicherten Leistung keine erneute Gesundheitsprüfung vor.

Aber gerade bei diesem Thema sind Interessenten einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) jedoch häufig verunsichert, und stellen Fragen, wie z.B. ob eine Dynamik in einer Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll ist? …oder wie lange / oft der Beitrag jedes Jahr erhöht wird? Worin unterscheiden sich Beitragsdynamik und Leistungsdynamik in einer BU-Versicherung voneinander? …und so weiter.

Ein Grund einmal generell zu diesem wichtigen Bereich zu bloggen. Gleich zu Beginn möchte ich erwähnen, dass jedes Versicherungsunternehmen, nach dem Prinzip der freien Vertragsgestaltung, in seinen jeweiligen Tarifen / Versicherungsbedingungen eigene Regeln, Definitionen und Begriffe verankern kann. Zusätzlich hat jede Gesellschaft unterschiedliche Vertragsannahmegrundsätze (z.B. Risikobewertung des Berufs und der Gesundheit, Annahmepolitik allgemein etc.)…

Das heißt beispielsweise, dass nicht jede Berufsunfähigkeitsversicherung die Möglichkeit bietet eine Dynamik im Vertrag zu vereinbaren (teilweise auch abhängig vom Einzelfall);

Und wenn eine Dynamikklausel beim entsprechenden Anbieter möglich ist, dann können die Inhalte im Bedingungswerk, also zum Beispiel unter welchen Voraussetzungen eine Anpassung erfolgt, um wie viel die Leistung bzw. der Beitrag erhöht wird, wie die Berechnung der Steigerung erfolgt, wann keine dynamischen Erhöhungen mehr möglich sind etc.,  von Vertrag zu Vertrag sehr unterschiedlich  ausgestaltet sein…

Im Markt der Berufsunfähigkeitsversicherungen gibt es über die Dynamik (regelmäßige Erhöhung) hinaus auch teilweise (Abhängig vom Tarif) unterschiedlichste Optionsrechte zur einmaligen Erhöhung der versicherten BU-Rente. Da dieses Thema der BU-Optionsrechte  einen separaten Bereich wiederspiegelt, gehe ich in diesem Blogbeitrag nicht näher darauf ein.

 

Was ist der Unterschied zwischen „Dynamik“ und „BU-Rentensteigerung im Leistungsfall“?

Im wesentlichen, gibt es in der Berufsunfähigkeitsversicherung zwei „Maßnahmen“ zur regelmäßigen Leistungserhöhung nach Vertragsabschluss. In der Versicherungsbranche werden diese, wie bereits erwähnt, oftmals sehr verschieden bezeichnet und unterscheiden sich inhaltlich von Tarif zu Tarif, und natürlich auch von Versicherer zu Versicherer sehr voneinander.

Im Markt der BU gibt es im großen und ganzen aus meiner Sicht zwei Arten von regelmäßigen Steigerungsvereinbarungen; oberflächlich betrachtet:

Zum einen die Anpassung, also Erhöhung, des Beitrags und der Leistung VOR (also bis zum) eintreten einer Berufsunfähigkeit, und

zum anderen die Anpassung, sprich Erhöhung, der versicherten BU-Barrente NACH eintreten einer versicherten Berufsunfähigkeit.

Wie bereits gesagt, gibt es im BU-Markt für beide Arten die unterschiedlichste Begrifflichkeiten, mit verschiedenen inhaltlichen Ausprägungen, wie z.B. „Leistungsdynamik, Beitragsdynamik, planmäßige Erhöhung, Rentendynamik, Rentensteigerung“ etc.

bu_dynamik_burentensteigerung_vereinfachte_darstellung

 

Wie wirken sich diese Bausteine in einem BU-Vertrag eigentlich aus?

Zunächst einmal hat jeder Anbieter / Versicherer hier die Möglichkeit quasi sein eigens Süppchen zu kochen (freie Vertragsgestaltung). So kommt es, dass mittlerweile der Markt der Berufsunfähigkeitsversicherungen eine riesige Vielfalt an inhaltlich unterschiedlichsten Dynamikarten hervorgebracht hat. Deshalb sind die folgenden Erläuterungen allgemeiner Art, sowie exemplarischer Natur, um die allgemeinen Unterschiede zu verdeutlichen, und gelten nicht generell für jeden Tarif/Vertrag

 

Dynamik vor (bis zum) Eintritt eines BU-Falls…

Im groben funktioniert die erste Variante so, dass bis zum Eintritt einer Berufsunfähigkeit die Leistungen, also die versicherte BU-Rente erhöht wird. Natürlich kostet eine Steigerung der versicherten Berufsunfähigkeitsrente Geld, weshalb auch der Beitrag mit der dynamischen Anpassung in der Regel ansteigt.

Eine andere Variante wäre, wenn der Beitrag um den vereinbarten Betrag/Satz etc. erhöht wird, und entsprechend der Berechnungsmethode des jeweiligen Tarifs/Anbieters die Leistung angeglichen wird.

Der BU-Markt stellt zur Steigerungsrate viele unterschiedliche Varianten bereit. So zum Beispiel feste Erhöhungs-Prozentsätze, oder eine Koppelung an den Verbraucherpreisindex / an die Steigerung des Höchstbeitrags in der gesetzlichen Rentenversicherung usw…
Nicht jeder Versicherer bietet hier alles an. Viele Gesellschaften begrenzen die maximale Steigerungsrate, der eine Anbieter mehr der andere Anbieter weniger.

Viele denken an dieser Stelle, dass die Erhöhung der versicherten Berufsunfähigkeitsrente parallel mit der Beitragssteigerung verlaufen würde. In der Praxis sieht das aber in den meisten Fällen anders aus. Die Versicherungsleistungen erhöhen sich eben nicht immer bei jedem Produkt im gleichen Verhältnis wie die Beiträge.

Ein Grund dafür ist unter anderem, dass viele Tarife bei einer Dynamikerhöhung zur Berechnung des Beitrags oder der Leistungssteigerung eine neues Eintrittsalter für den hinzukommenden Teil verwendet. Dagegen steht im Vergleich zum Ursprungsvertrag eine kürzere Vertragsdauer für den erhöhten Teil. Daher kommt es, dass sich bei vielen Tarifen der Beitrag und die Leistung eben nicht gleichermaßen erhöhen.

Eine der am häufigsten gestellten Fragen: Wann und wie oft eine Dynamik (vor Eintritt des BU-Falls) ausgesetzt werden kann ohne das Erhöhungsrecht zu verlieren?  In den meisten BU-Dynamikvarianten (nicht bei allen) wird einmal im Jahr automatisch eine Erhöhung des Beitrags / der Leistung durchgeführt. Möchte der Kunde von dieser Erhöhung aber nicht Gebrauch machen, so kann er bei den meisten BU-Tarifen innerhalb einer in den Bedingungen vorgegebenen Frist der Erhöhung widersprechen, diese also nicht mitmachen.

Bei vielen BU-Tarifen erlischt aber das Recht einer dynamischen Erhöhung der BU-Rente ohne erneute Gesundheitsprüfung, wenn man eine gewisse Anzahl (Abhängig vom Anbieter / Tarif) an Erhöhungen ausgelassen hat…von daher ist diese Frage durchaus berechtigt…die Antwort darauf findet sich aber, wie so oft, im Kleingedruckten, sprich im jeweiligen Bedingungswerk.

 

Hierbei merkt man schon, dass alleine dieser scheinbar „kleine“ Teil der Berufsunfähigkeitsversicherung sehr viel Inhalt und Facetten beinhaltet. Weitere Punkte wären zum Beispiel (keine abschließende Aufzählung):

    • Wann endet die Dynamik bzw. wann erlischt das Recht auf Erhöhung? Gibt es beispielsweise ein Höchstendalter?
    • Gibt es Höchstgrenzen, wie beispielsweise maximale BU-Rente von € 2.000,- pro Monat, oder eine Angemessenheitsprüfung der Rente zum Einkommen / Gewinn usw…?
    • Wie oft kann man eine Dynamik aussetzen ohne das Recht auf Erhöhung zu verlieren?
    • Wie genau erfolgt die Erhöhung / Wie wird diese berechnet bzw. ermittelt? In welchem Verhältnis werden die Beiträge und die BU-Rente zueinander erhöht?

 

Erhöhung der BU-Rente nach Eintritt des BU-Falls…

Dieser Bereich, nämlich die Steigerung der BU-Barrente nach Eintritt einer versicherten Berufsunfähigkeit wird meistens bereits bei Vertragsabschluss mittels einem weiteren Leistungsbaustein vereinbart.

Die Frage stellt sich, was gerade bei einem früh eintretenden BU-Fall mit der vereinbarten Rente geschieht? Wird diese vom Versicherer auch regelmäßig und verlässlich jedes Jahr erhöht? Und wenn, um wie viel?

Viele BU-Tarife (nicht alle) des Marktes sehen eine Verwendung der sogennanten Überschüsse im BU-Leistungsfall für die Erhöhung der BU-Barrente vor. Doch der Überschuss ist nicht garantiert und kann schwanken…

Besser man geht auf Nummer sicher und vereinbart eine vertraglich garantierte regelmäßige Erhöhung der versicherten BU-Barrente im Leistungsfall. Nicht jeder Versicherer bietet solch einen Baustein an. Da es sich hier um eine Mehrleistung für den Fall einer Berufsunfähigkeit handelt, und meistens gleich zu Beginn des Vertrages versichert wird, bedeutet solch ein Einschluss i.d.R. auch von Beginn des Vertrags an gleich einen Mehrbeitrag.

 

Wieso soll man jedes Jahr mehr bezahlen? Macht eine dynamische Steigerung in der BU Sinn?

Der Sinn hinter einer dynamischen Steigerung, liegt in erster Linie an der Erhöhung der versicherten Leistungen, wie der versicherten BU-Rente. Viele Interessenten einer Berufsunfähigkeitsversicherung fragen sich wofür man überhaupt eine stetige Dynamik braucht?

Nun die Antwort liegt eigentlich sehr nahe. Auf Grund der Inflation (Kaufkraftverlust) wird das Geld jedes Jahr Stück für Stück weniger wert. Was das jetzt für die Berufsunfähigkeitsrente bedeutet zeigt folgendes Beispiel:

Nehmen wir an der Kunde einer Berufsunfähigkeitsversicherung hat zu Vertragsbeginn eine Rente im Falle einer BU von monatlich € 2.000,- versichert. Diese BU-Rente wird durch keine Dynamik erhöht. Geht man jetzt von einer jährlich gleichbleibenden Inflationsrate von nur 2,5% aus, so findet jedes Jahr ein sogenannter Kaufkraftverlust statt. Das heißt in Euro, dass die heutige Kaufkraft von € 2.000,- bei einer jährlichen Inflationsrate von 2,5% in den nächsten

 

5 Jahren sich auf circa € 1.767,- reduziert.

10 Jahren sich auf circa € 1.562,- reduziert.

15 Jahren sich auf circa  € 1.380,- reduziert.

20 Jahren sich auf circa € 1.220,- reduziert

25 Jahren sich auf circa € 1.078,- reduziert

30 Jahren sich auf circa € 953,- reduziert

…oder anders ausgedrückt: Um zukünftig bei 2,5% jährlicher Inflation eine Kaufkraft zu erhalten, die heute € 2.000,- entspricht, ist in

 

10 Jahren ein Betrag von rund € 2.561,-

20 Jahren ein Betrag von rund € 3.278,-

30 Jahren ein Betrag von rund € 4.196,- erforderlich.

 

Ich glaube bei Ansicht dieser Beispiele wird schnell klar, warum eine regelmäßige Erhöhung der versicherten BU-Renten unbedingt notwendig ist, um auch für die Zukunft eine ausreichende Berufsunfähigkeitsrente versichert zu haben…

Im übrigen gilt diese Problematik nicht nur für die Berufsunfähigkeitsversicherung, sondern natürlich u.a. auch für die Altersrente. Gerade hier wird die inflationäre Entwicklung oftmals viel zu wenig berücksichtigt, was fatale Folgen haben kann…

Auf den ersten Blick scheint dass vielleicht für den ein oder anderen viel zu weit hergeholt. Doch denken Sie einmal nur 10 Jahre zurück, wie hoch war damals nochmal der Preis für eine 80qm Wohnung, oder wie viel kostete der Liter Benzin, oder eine Kinokarte und so weiter…? Die meisten Dinge werden im laufe der Lebenszeit einfach teurer. Nur gut, dass es Instrumente gibt, mit denen man dieses Problem lösen kann, nur muss man diese auch nutzen.

Fazit:

Die regelmäßige und vor allem hinreichende Erhöhung der versicherten BU-Rentenhöhe, vor, als auch im Berufsunfähigkeitsfall, ist quasi auf Grund der immer allgegenwärtigen Inflation aus meiner Sicht unbedingt notwendig, um die heutige Kaufkraft einer Rentenzahlung (egal ob Altersrente oder wegen Berufsunfähigkeit) auch für die Zukunft sicher und ausreichend darstellen zu können.

Dabei spielt die Ausgestaltung der Regelungen zur Dynamik und BU-Rentensteigerung im Leistungsfall (wie z.B. Höchstgrenzen, Enddatum der Erhöhungen, Berechnung der Erhöhung, Angemessenheitsprüfungen etc.)  in den jeweiligen BU-Bedingungswerken eine wesentliche Rolle. Lassen Sie sich von Ihrem Fachmann die Möglichkeiten und Unterschiede, die der Markt bietet erläutern. So wird das Thema der zukünftigen Absicherungshöhe planbarer.

Weitere Informationen rund ums Thema BU:

Wann bin ich überhaupt BU?

5 wichtige Punkte für den Abschluss einer BU

Downloadbereich mit BU-Fragebogen

Kommentar zum BU-Finanztest Juli 2013

Kontaktmöglichkeiten zum Versicherungsmakler Thomas Schösser