Gesundheitsfragen im BU-Antrag richtig beantworten

31.05.2016 Thomas Schösser

Korrekte Beantwortung der Gesundheitsfragen in BU-Anträgen. Wie geht man am besten vor? Was steht in der Arztakte? Darum geht es in diesem Artikel.

Für gewöhnlich müssen bei Abschluss von Versicherungsverträgen, die biometrische Risiken abdecken, Gesundheitsfragen beantwortet werden. Gerade im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung und Privaten Krankenversicherung sind diese Fragen meist sehr umfangreich ausgestaltet. In diesem Blogbeitrag möchte ich mich aber in diesem Zusammenhang beim Thema BU bleiben.

In manchen Konstellationen bietet der ein oder andere Versicherer unter Umständen zwar die Möglichkeit vereinfachte Antragsverfahren mit einfacheren Gesundheitsfragen für BU-Versicherung zu nutzen, trotzdem gehört die korrekte Beantwortung von Fragen in der Vertragsabschlussphase mit zu den wichtigsten Punkten überhaupt, die es bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu beachten gibt.

In einer durchgeführten Erhebung des Analysehauses Franke und Bornberg GmbH wurden rund 30% der beantragten BU-Leistungsablehnungen von den jeweiligen Versicherern damit begründet, dass die betroffenen Kunden die sogenannte „vorvertraglichen Anzeigepflicht“ verletzt hätten.

Umgekehrt könnte man nun also auch überspitzt sagen, wenn ein Kunde beim Vertragsabschluss seines Berufsunfähigkeitsvertrags acht gibt, und die gestellten Fragen im Antragsverfahren des Versicherers korrekt beantwortet, steigt auch die Chance für eine Leistungsanerkennung im Falle einer eintretenden Berufsunfähigkeit.

 

Bei näherer Betrachtung der Gesundheitsfragen stellt man dann oft fest, dass diese nicht so einfach mal schnell zu beantworten sind

Bei viele Anträgen auf BU-Versicherung werden Zeiträume der vergangenen 5 Jahre abgefragt, je nach Anbieter und Antrag auch längere bzw. kürzere Zeiten. Zeitlich unbefristete Abfragen gibt es darüberhinaus natürlich auch noch…

Spätestens an dieser Stelle fällt vielen Kunden auf, dass es oft sehr schwer sein kann, sich daran zu erinnern, wie oft, wie lange und weshalb man krank war, wie man behandelt wurde, ob und wann genau Ausheilung der Krankheiten / Beschwerde eingetreten ist um nur einige Punkte beispielhaft zu nennen.

Darüber hinaus sind die meisten Deutschen gesetzlich krankenversichert und haben keinen direkten Überblick, welche Diagnosen gestellt wurden und was die Behandler abgerechnet haben. Aber auch Privatversicherte sehen sich die Diagnoseschlüssel auf der Rechnung nicht immer an.

Aber das ist nicht alles…Patienten sind in den meisten Fällen medizinische Laien. Somit kann es vorkommen, dass der behandelnde Arzt in seiner Patientenakte eine ganz andere Diagnose vermerkt hat, als der Kunde vielleicht in Erinnerung behalten hat. Viele wissen einfach nicht mehr genau, was jetzt der damals behandelnde Arzt genau diagnostiziert hat.

Vor diesem Hintergrund ist es leider auch nicht ausgeschlossen, dass das ein oder andere mal eventuell sogar eine niemals existierende Diagnose in den Patientenakten vermerkt wurde, sei es durch ein Versehen (wo gearbeitet wird, können auch Fehler passieren), durch Zuordnungsprobleme (vorhandene Schlüssel passt nicht eindeutig zum Krankheitsbild), oder durch eine bewusste falsche Abrechnungsdiagnose, um schlichtweg mehr Geld für die Behandlung zu bekommen?

Stößt man bei seiner Recherche nun auf unrichtige Vermerke, Diagnosen und dergleichen, so kann gegebenenfalls noch vor dem Vertragsabschluss reagiert werden und z.B. mit dem Arzt über eine Richtigstellung / Klarstellung in den Akten gesprochen werden.

Wenn der Behandler dies verwehrt oder eventuell schon in Rente ist, kann eventuell ein anderer Arzt durch eine neue Untersuchung hier für Aufklärung sorgen…sicherlich ist diese Situation dann immer sehr individuell…Man stelle sich aber nur einmal die Situation vor, wenn Jahre nach dem Vertragsabschluss der Berufsunfähigkeitsfall eintritt, und erst da die falsche Aktenlage zu Tage kommt…unter Umständen ist es dann sogar noch schwieriger einen Arzt um Richtigstellung der Patientenakte aufzusuchen.

 

Wie geht man also nun vor, um nichts wesentliches zu vergessen und die Gesundheitsfragen der Versicherer bei Antragsstellung richtig zu beantworten?

Um in Erfahrung zu bringen, welche Krankheiten behandelt wurden, kann man die entsprechenden Behandler (Ärzte, Heilpraktiker, Psychologen, Logopäden, Pysiotherapeuten, Krankenhäuser et cetera) anschreiben, und um Auskunft aus den Akten bitten.

 

Habe ich überhaupt das Recht meine Patientenakten anzufordern bzw. einzusehen?

Hierzu ist im BGB unter anderem folgendes zu finden (Zitat aus dem BGB Stand 29.05.2016 Quelle www.gesetze-im-internet.de):

 

„Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 630g Einsichtnahme in die Patientenakte

(1) Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen. § 811 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.

(3) Im Fall des Todes des Patienten stehen die Rechte aus den Absätzen 1 und 2 zur Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Interessen seinen Erben zu. Gleiches gilt für die nächsten Angehörigen des Patienten, soweit sie immaterielle Interessen geltend machen. Die Rechte sind ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht.“ ZITAT ENDE

 

Bis auf wenige Ausnahmen ist also die Einsicht in die Akte des Arztes beziehungsweise der Behandler denkbar. Dennoch macht vor Unterschrift eines Versicherungsvertrag mit Gesundheitsfragen nicht jeder Versicherungskunde davon Gebrauch.

Neben der Einsicht in die Patientenakte der Behandler können selbstverständlich auch noch andere entsprechende Stellen wie z.B. Krankenkassen, Private Krankenversicherer bei denen man versichert war, oder Rentenversicherungsträger um Auskunft über die Details in den Akten gebeten werden.

 

Was ist überhaupt die vorvertragliche Anzeigepflicht? Kann nicht einfach der Versicherer bei Antragsstellung alle Informationen für den Kunden einholen?

 

Sicherlich wäre das ein guter Ansatz. Wenn ich von meiner Praxiserfahrung als Versicherungsamakler spreche, so muss ich sagen, dass Versicherer selten Ärzte bzw. Behandler im Antragsverfahren direkt anschreiben und Auskünfte anfordnern.

Und wenn überhaupt, dann meistens nur zu ganz bestimmten ausselektierten Diagnosen und nicht gerenerell (Ausnahmen bestätigen die Regel). Bei Absicherung verhältnismäßig „hoher“ BU-Absicherungen fordern Versicherer ggf. eine sogenannte ärztliche Untersuchung, was aber ein anderes Thema ist.

Warum fordern die Versicherer aber nicht generell die Patientenakten bei Vertragsabschluss an?

Ich mutmaße mal, dass es die zusätzlichen Bearbeitungskosten für Sachbearbeiter, Gebühren der Arztauskünfte, und längeren Bearbeitungszeiten sind die damit oft einhergehen.

In den meisten Fällen schließt ein Versicherer einen BU-Versicherungsvertrag, in der Annahme / in dem Vertrauen, dass der Kunde alle gestellten Fragen richtig beantwortet hat.

Gibt es weitere Rückfragen, z.B. zu diversen Krankheitsbildern oder Hobbys so werden oft auch weitere Fragbögen, welche der Kunde selbstständig ausfüllt (soll/kann) angefordert.

Das entgegengebrachte Vertrauen wird dann aber oft bei Einreichung des Antrags auf Leistung, also wenn man als Kunde die Versicherung in Anspruch nimmt vom Versicherer auf die Probe gestellt und quasi überprüft. Im Nachgang prüfen die Versicherer also oft erst, ob der Kunde bei Abschluss des Vertrages alles „notwendige“ angegeben und die Fragen korrekt beantwortet hat.

Stellt sich dann heraus, dass dem nicht der Fall ist, so kann das Versicherungsunternehmen dann unter Umständen (je nach Fallkonstellation) ggf. vom Vertrag zurücktreten, diesen anfechten, kündigen, oder mit einem Beitragszuschlag und / oder Leistungsausschluss versehen.

Man tut also gut daran bei Antragsstellung sorgfältig vorzuarbeiten und die Antragsfragen korrekt zu beantworten, damit man später, wenn der Versicherungsfall eintritt nicht befürchten muss wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht keinen Versicherungsschutz mehr zu haben.

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Risikovoranfragen vor Antrag ?